Jugendfeuerwehr Süd-Ost auf Segelturn
Am 7. Juni 2019 brach die JFW Süd-Ost mit 11 TeilnehmerInnen und 3 Betreuern in 2 Fahrzeugen auf nach Gaastmeer in den Niederlanden. Dort erwartete sie Skipper Michael Papsdorf auf der Boppelans.
Die 17,5 m lange und 3,85 m breite Tjalk ist ein historisches Plattbodenschiff mit 105 m2 Segelfläche, einem 100 PK Daf- Dieselmotor sowie Bugstrahlruder, das 15 Personen Quartier bietet.
Nach einer Stau bedingten längeren Anreise, traf die Mannschaft gegen 19.30 Uhr am Hafen ein.
Als erstes nach dem Einräumen der persönlichen sieben Sachen und dem Bunkern der Lebensmittel stand das Abendbrot auf dem Programm. Die Eltern der Kid’s hatten Salate und Frikadellen gemacht.
Anschließend wurde erst einmal eine Beratung abgehalten, weil der folgende Tag Sturm voraussagte. Deshalb wurde nach kurzer Einweisung in Ab- und Anlegemanöver eine erste Fahrt unter Diesel ins kleine Gaastmeer gemacht. So hatte die Mannschaft noch am Abend einen ersten Kontakt mit dem Boot und der Schiffsführung.
Die erste Nacht an Bord war schon deshalb unruhig, weil gegen 2 Uhr der angekündigte Sturm aufzog. Windstärke 7 aus südlichen Richtungen lies das Schiff bereits in der Box ein wenig tänzeln. Am Vormittag wurde das fiese Wetter noch durch einzelne Schauer bereichert.
Das ausgedehnte und reichhaltige Frühstück war zwar ein guter Start in den Tag, doch die Begrenzung auf den Aufenthalt im Schiff war für die bewegungsfreudige Jugendfeuerwehr schon eine erste Herausforderung.
Ab mittags sollte der Wind zwar um eine Windstärke nachlassen, aber immer noch in Böen bis Beaufort 9 gehen. Deshalb suchte sich die Leitung via Internet nach Alternativen. Schnell wurde der Plan gefasst, dass Schifffahrtsmuseum in Sneek zu besuchen. Bevor das auch in die Praxisumgesetzt wurde, gab es noch ein spektakuläres Ereignis im Hafen der Rederei Waterrecreatie Syperda, die uns die Boppelans vermietet hatte.
Mit dem Anker an einem Festmacherpfahl verhakt, lag ein Skutsje quer vor den anderen Pfählen.
Beim Versuch aus der Box heraus zu fahren, hatte der Wind das Schiff nach Backbord verweht. Der am Bug befindliche Anker sass auf der Steuerbordseite fest. Die Besatzung und auch die Mannschaft der daneben liegenden Schiffes bemühte sich, das Schiff frei zu bekommen. Er hatte aber keinen Erfolg.
Als hilfreicher Skipper versuchte ich zuerst per Rufen und durch Handzeichen dem Skipper auf dem Boot Hilfestellung zu geben. Als das keinen Erfolg zeigte bestieg ich über ein anderes fest im Hafen liegendes Boot das manövrierunfähig Boot. Nun galt es gegen den stürmischen Wind das Heck nach Steuerbord zu bringen und es dann wieder in die Box zu fahren. Dies gelang auch recht schnell, bescherte mir aber eine gehörige Dusche der Antriebsschraube, als das Wasser wie eine Fontäne vom Ruder auf das Achterschiff gespritzt wurde. Dann aber lag das Schiff wieder sicher in der Box. Genau da wurde dann aber auch klar, dass die Mannschaft eigentlich hätte wegfahren wollen. Darauf hin habe ich wohl ziemlich überzeugend angefragt, ob das denn so sinnvoll sei. Der Skipper schränkte ein, dass sie ja nicht hätten segeln wollen. Sie hätten lediglich mit dem Diesel fahren wollen. Das löste in mir die Gegenfrage aus, ob er als Skipper denn wisse, auf welche Verhältnisse er am geplanten Zielort treffe. Schon beim Ablegen habe er ja offensichtlich unlösbare Probleme gehabt. Ob denn seine Mannschaft so erfahren sei, dass sie an anderer Stelle genau wüßten was zu tun sei. Ich empfahl dringend einen Landausflug per Auto nach Sneek oder ins Umland, denn selbst wenn der Wind um eine Windstärke am Nachmittag abnehmen würde, müsste man immer noch mit Böen bis Windstärke 9 rechnen.
Da das Schiff am Abend immer noch in seiner Box lag, hatte der warnende Hinweis wohl gefruchtet.
Die Jugendfeuerwehr fuhr dann am Nachmittag nach Sneek. Der Aufenthalt im Museum war sehr informativ und kurzweilig. Man konnte nicht nur schauen, sondern durfte auch viele Exponate selbst in die Hand nehmen. In einem Bereich bestand noch einmal ausgiebig Gelegenheit. Knoten zu üben.
Am Abend gab es dann Nudeln mit Bolognesesauce. Während der Mahlzeiten war es unter anderem das Thema, dass das Schiff noch im Hafen liegend ja bereits ziemlich in Bewegung sei. Wie das denn wohl mal erst am folgenden Tag aussehen würde? Es gab aber dann noch einen Zwischenfall, weil sich Julien so stark den Finger an der Dachluke der Vorschiffkojen klemmte, dass die Betreuer Hannah und Mario noch mit ihm nach Sneek ins Krankenhaus fahren mussten. Zum Glück konnte Julien nach kurzer schmerzhafter Behandlung der sich bildenden Blutblase unter dem Nagelbett (der Arzt durchbohrte den Fingernagel mit einer heißen Büroklammer) dann doch mit zwei Schmerztabletten wieder entlassen werden.
Am nächsten Morgen hatte sich der Wind beruhigt und ein Schiff nach dem anderen verließ den Hafen. Für die Boppelans sollte es dann über Workum ins Ijsselmeer gehen. Am Abend sollte dann in Stavoren angelegt werden. Doch bevor ans Ablegen zu denken war, mußte noch einmal eine gründliche Einweisung der Mannschaft erfolgen. Da beim Segeln an unterschiedlicher Positionen Handgriffe abgestimmt auszuführen waren, wurden diese Positionen mit festen Teams besetzt. Ganz vorne wurde festgelegt, wer das Fockfall und die Fockschot bedient. Es wurde jeweils 2 ältere Jugendfeuerwehrmänner ausgewählt, die für das Pik- und das Klauw-Fall zuständig waren. Dann wurden die Backstagen mit den zwei Jüngsten besetzt. Das einzige Mädchen der Truppe hatte die Aufgabe bei jeder Wende bei Anziehen der Bagstagen zu unterstützen. Sie musste also jedes Mal die Seiten wechseln. Schließlich wurden auch zwei ältere Jungen für die Schwerter eingesetzt. Die Einweisung, die auch ausgiebige Übungen enthielt, dauerte eine knappe Stunde. Dann legt die Boppelans ab und im Kanal nach Workum wurden dann zum ersten Mal die Segel gesetzt. Anfangs hatte sich der Mannschaft nicht völlig vermittelt wie wichtig die zuverlässige Besetzung an den vier Festmachern war. Erst im Laufe der Fahrt verliet auch hier alles reibungslos.
Kurz vor der ersten Brücke in Workum wurden die Segel wieder geborgen. Es folgten 3 Brücken und eine Wartephase vor der Schleuse. Leider fanden wir keinen Platz mehr bei der letzten Schleusung vor der Mittagspause. Deshalb verlängerte sich die Wartezeit um eine knappe Stunde. Um 12.55 Uhr wurden wir dann unter den interessierten Augen der Mannschaft und der neugierigen Touristen an Land ins Ijsselmeer geschleust.
Eine weitere halbe Stund später wurden dann wieder alle Segel gehisst. Der Wind hatte mittlerweile auf mehr westliche Richtungen gedreht. So war die Welle mit der uns das Ijsselmeer begrüßte auch durchaus spürbar. Ein Speedboat mit Bananabootanhänger sowie einige Jet-Skis sorgten für zusätzlichen Wellengang. Nachdem wir aber schließlich die relative Ufernähe hinter uns gelassen hatten, wurde der Wellengang niedriger und vorhersehbarer. Nun stellte sich aber ein anderes Problem ein. Die von Landwirtschaft geprägte Region um Workum herum ließ uns als letzten Gruß eine Armada von Fliegen, Mücken und anderen Insekten zurück. Überall an Deck breiteten sich die Tiere aus. Ein Teil der Mannschaft flüchtete angewidert unter Deck. Zwei Strategien setzen wir ein, um das Schiff zurück zu gewinnen. Zum einen starteten wir die Maschine und suchten unser Heil weiter auf dem Meer. Andererseits fegte ich das Boot mit dem Deckschrubber ab. Nach einer weiteren halben Stunde, konnte man die Verhältnisse wieder als normal bezeichnen.
Nun war die Mannschaft fast wieder vollständig an Deck und immer mehr Jugendliche waren daran interessiert, die Pinne in den Hand zu nehmen und damit das Steuern zu übernehmen.
Überrascht vom doch recht großen Kraftaufwand, der dafür nötig war, wechselten die Steuermänner verhältnismäßig oft. Betreuer Thomas kam so immer mehr in die Rolle des Hauptzuständigen.
Kai hatte schon am Vortag darum gebeten, eine Offiziersrolle zu übernehmen. Er wurde dann von mir kurzer Hand als Anwärter eingestuft, der sich erst noch bewähren müsse. Obwohl man am Anfang annehmen konnte, dass Kai eher daran gelegen war, das WLAN-Passwort im Hafen in Gaastmeer zu erhalten, war er später zuverlässig auf seinem Posten und übernahm gewissenhaft Verantwortung für die Fockschot.
Am Abend machten wir im Außenhafen von Stavoren fest. Wie vermutet, gab es dort sehr viel Platz. Zum Abendessen gab es dann Ravioli und Reste der Nudeln mit Bolognese-Sauce vom Vortag. Als Nachtisch gab es Aprikosenkompott.
Abgesehen davon, dass Julien fasst in einen Rennradfahrer hineinlief, er sich später auch irgendwie das Knie verdrehte und es in der Kajüte die eine oder andere kleine Auseinandersetzung gab, war der Aufenthalt entspannend.
Am nächsten Morgen ließ ich in Fock und Großsegel ein Reff einarbeiten. Eine erhebliche Anzahl der Jugendfeuerwehrmitglieder macht aufmerksam mit. Dann legten wir ab und fuhren durch die große Schleuse in Stavoren wieder in die Kanäle Richtung Gaastmeer.
Der Wind hatte leider von angekündigt N auf NordNordOst gedreht. Das zog nach sich, dass wie bis zum ersten größeren See dieseln mussten. Vor dem Segel setzen, wollten wir allerdings noch an einer Marikritte anlegen und die Möglichkeit zum Schwimmen geben.
Nachdem wir die erste Brücke hinter Stavoren passiert hatten, lagen eigentlich keine Hindernisse mehr auf dem Weg. Bei Galadammen kam es aber zu einer Kollision mit einem kleinen offenen Segelboot. Schon ein großes Plattbodenschiff vor uns geriet mit dem Boot in Kollision. Die Besatzung schaffte es nicht, segelnd aus dem Gefahrenbereich zu kommen. Schließlich stießen sie auch mit uns auf der Backbordseite zusammen. Zu allem Überfluss verhakte sich die Klampe von ihrem Großsegel in unserer Reling. Deshalb kam das Boot von alleine auch nicht wieder frei.
Die Boppelans hatte es windbedingt mittlerweile auch an das Steuerbord-seitige Ufer gedrängt. Ich ließ mir die Vorleine der Falk (so heißt dieser offene Bootstyp) geben, reichte sie an meine Mannschaft weiter mit der Bitte nach Vorschiffs zu ziehen. So wurde die Verhakung gelöst.
Mittlerweile gelang es uns per Bugstrahlruder die Boppelans durch den Wind hindurch entgegen unser geplanten Fahrtrichtung nach Backbord in Richtung Westen wieder frei zu kriegen. Eigentlich hätte wir das mit verängstigten Deutschen besetzte Boot dann auch schleppen können. Da aber ein wendiges kleines motorisiertes Schlauchboot zur Hilfe kam und außerdem in unserer Fahrtrichtung ein Baum den Weg des zu schleppenden Bootes versperrte, ließen wir die Leine fallen und wendeten wieder Richtung Osten als der Weg frei war.
Jetzt mussten wir nur noch feststellen, dass die Nummerierung der Tonnen in der Karte von den Zahlen im Kanal abwich. Doch auch dies konnte uns nicht aufhalten. Fast ohne Hilfe von mir bugsierte Steuermann Thomas das Schiff an die Anlegestelle.
Vom anschließendem Badespass wurden reichlich Fotos gemacht. Es schloss sich ein Mittagssnack mit Obst, Bifis und Schokoriegeln an. Dann wurde Richtung Heeg abgelegt.
Nun erwiesen sich die Reffs in den Segeln als goldrichtig. Denn die Boppelans pflügte ohne allzu große Krängung in langen Kreuzschlägen hoch am Wind ostwärts. Je länger desto besser funktionierten die Wenden. Am Ende hatte es die Mannschaft an alle Positionen heraus zum richtigen Zeitpunkt das Nötige zu tun. Und weil die eine oder andere Bugwelle nicht nur die Fock-Mannschaft taufte sondern auch einen feinen Nebel ins Achterschiff sendete und auch die Schräglage für einen großen Eindruck sorgt, war die Mannschaft begeistert.
Da Regen für den Abend angekündigt war, wurde entschieden bereits gegen 17 Uhr die Rückreise zum nicht weit entfernten Heimathafen in Gaastmeer anzutreten. Jetzt segelte die Boppelans ziemlich beschaulich nur mit der Fock gen WestNordWest.
Zu dieser Zeit entstand auch das Gruppenbild, das alle Jugendfeuerwehrleute vor der Fock zeigt.
Mit vereinten Kräften gelang die Einfahrt in die Box. Anschließend kümmerte sich die Küchencrew um das Abendessen. Die übrige Mannschaft bauten die Reffs zurück und falteten das Segel ordentlich zusammen. Die Fock hatte bei unserem sportlichen Kurs Wasser gefangen und musste dann im Hafen noch einmal durchgesetzt werden, damit sie abtrocknen konnte.
Später am Abend kam dann noch der angekündigte ausgiebige Regen, den die meisten aber wohl behütet unter Deck erlebten.
Nach dem Frühstück am folgenden Morgen verabschiedete ich mich von der Mannschaft und hatte viel Grund mich dafür zu bedanken, dass alle so gut aufeinander abgestimmt Hand angelegt hatten.
Meine Heimfahrt war sehr entspannt. Beim Aufstehen vom Frühstückstisch fragte ich mich, was ich wohl dieses Mal vergessen hätte. 3 Stunden später stellte sich durch einen Anruf von Marion heraus: ich hatte die Stiefel vergessen.
Doch ich bin froh, dass alle gesund und begeistert vom Segeln wieder nach Hause gefahren sind.